Zagreber Erklärung für Gesunde Städte:

Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in allen Bereichen der Lokalpolitik

Wir, Bürgermeister und führende Kommunalpolitiker aus Städten der Europäischen Region, die zu Beginn der unsere Arbeit in den nächsten fünf Jahren prägenden und anregenden Phase V auf der Internationalen Gesunde-Städte-Konferenz 2008 in Zagreb versammelt sind, erklären einstimmig das Folgende:

Werte und Grundsätze der Maßnahmen

1. Wir unterstützen von ganzem Herzen die Haltung der WHO, welche uns inspiriert und deren Bedeutung wir verstehen: "Der Besitz des bestmöglichen Gesundheitszustandes bildet eines der Grundrechte jedes menschlichen Wesens, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Anschauung und der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung." Gesundheit ist eine Voraussetzung für Wohlbefinden und Lebensqualität. Sie ist ein Maßstab für Fortschritte in Bezug auf die Armutsbekämpfung, die Förderung gesellschaftlicher Integration und die Beseitigung von Diskriminierung. Gute Gesundheit ist das Fundament nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums.

2. Wir erkennen, dass die Maßnahmen unserer Städte für Gesundheit über eine hochwertige und zugängliche Gesundheitsversorgung hinausreichen und Krankheitsprävention, Gesundheitsförderung und systematische Maßnahmen gegen Ungleichheit in Bezug auf die Gesundheit, gegen Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten und Verletzungen sowie zur Bewältigung der sozialen, ökonomischen und umweltbezogenen Determinanten von Gesundheit mit einschließen.

3. Wir verstehen unsere Führungsverantwortung im Sinne eines größtmöglichen politischen Engagements für verstärkte umfassende Bemühungen um eine bessere und sicherere Gesundheit der Bürger durch die Nutzung: unserer Foren zur Stärkung des Wissens über die Ursachen schlechter Gesundheit im städtischen Umfeld und zur Förderung der Gesunde-Städte-Grundsätze, -Werte und -Ansätze gegen diese Problematik, unserer Fähigkeit zur Versammlung und Einbeziehung aller relevanten Akteure in Maßnahmen für die Gesundheit und unseres Einflusses auf alle Sektoren durch Überzeugungsarbeit für die Bewältigung der gesundheitlichen Problemfelder in ihren jeweiligen Konzepten.

4. Wir bekräftigen unser Bekenntnis zu den Gesunde-Städte-Grundsätzen und -Werten in Bezug auf Chancengleichheit, Selbsthilfe, Partnerschaft, Solidarität und nachhaltige Entwicklung und zu den in früheren (1988-2007) Erklärungen und politischen Verlautbarungen der Gesunden Städte genannten und vereinbarten Ansätze, die maßgebliche Übereinkommen, Erklärungen, Chartas, Strategien und Aktionspläne der WHO, der Vereinten Nationen und der Europäischen Union zu Gesundheitsförderung, Prävention nichtübertragbarer Krankheiten, Chancengleichheit, gesundheitsförderlicher Politik und umweltbezogenem Gesundheitsschutz einbeziehen und ihnen einen lokalen Ausdruck verleihen (>>> Gesunde Städten Grundsätzen und Werten).

5. Wir würdigen und unterstützen die Gesunde-Städte-Bewegung und ihr dynamisches Konzept, das sich in Friedens- und Kriegszeiten weiter entwickelte und auf geänderte soziale, demografische und epidemiologische Gegebenheiten, technologische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert hat. Neue Problemlösungsansätze wurden synergetisch mit den WHO-Strategien auf globaler Ebene und in der Europäischen Region entwickelt und haben diese mit geformt. In den vergangenen 20 Jahren waren die Gesunden Städte eine einzigartige Initiative vieler Länder auf lokaler Ebene für die Gesundheitspolitik, das neu aufkommende Gefahren für die öffentliche Gesundheit thematisierte und auf sie und ihre Auswirkungen für das städtische Umfeld reagierte.

Neue Sorgen und Probleme

6. Wir werden auf dem Gelernten aufbauen und neue und alte Sorgen und Probleme in Angriff nehmen wie:

  • die Verringerung von gesundheitlicher Ungleichheit und gesellschaftlicher Ausgrenzung, die Vorsorge und das Vorgehen gegen konkrete Gesundheitsgefahren insbesondere für schutzlose Gruppen wie Kinder, ältere Menschen und Migranten. Wir erkennen in gesundheitlicher Chancenungleichheit nicht nur einen Angriff auf die menschliche Würde, sondern auch eine Gefährdung der gesellschaftlichen Stabilität und wirtschaftlichen Leistungskraft;
  • die zunehmende Belastung durch nichtübertragbare und chronische Krankheiten sowie Verletzung und Gewalt, die vorzeitigen Tod, Behinderung, Leid und hohe wirtschaftliche Kosten verursachen, aber nach unserer Erkenntnis durch Investitionen in Maßnahmen und Gegebenheiten vermeidbar wären, die ein gesundes Leben und Wohlbefinden unterstützen
  • das Auftreten von Gefahren für die öffentliche Gesundheit, hierunter der Klimawandel und seine möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit unserer Bürger sowie die städtischen Umfelder und lebenswichtige Teile der Infrastruktur;
  • die Auswirkung der gebauten Umwelt und neuer Technologien auf die Gesundheit unserer Bürger und die wichtigen Erwägungen zu Gesundheit und nachhaltiger Entwicklung in der Planung, Gestaltung, Erhaltung, Verbesserung und Verwaltung von Städten und Wohngegenden und zum Einsatz neuer Technologien.

Bericht der Kommission für soziale Determinanten von Gesundheit

7. Begeistert und überzeugt nehmen wir die Erkenntnisse und Empfehlungen aus dem Bericht der Kommission für soziale Determinanten von Gesundheit Closing the gap in a generation: health equity through action on the social determinants of health (WHO, 2008) entgegen. Insbesondere begrüßen wir die Empfehlung, Gesundheit und gesundheitlicher Chancengleichheit in der Führung und Planung der Städte einen zentralen Platz einzuräumen. Wir sind stolz darauf, dass die Gesunden Städte schon früh die Bedeutung der sozialen Determinanten von Gesundheit erkannten und entsprechende Maßnahmen in ihrem Handeln einen zentralen Stellenwert erhielten. Die von der Kommission vorgelegten neuen Erkenntnisse über die globalen Auswirkungen von Chancenungleichheit und die Erfahrungen mit dem Abbau dieser Ungleichheit durch Schritte im Bereich der sozialen Determinanten von Gesundheit (>>> soziale Determinanten und Gesundheit: Übergreifende Empfehlungen und Grundsätze für das Handeln) dienen uns nicht nur als Anregung und Untermauerung für unsere eigenen Maßnahmen in Phase V für Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in allen Politikbereichen (vgl. Absatz 8), sondern geben uns auch die Chance für unseren eigenen Beitrag zur Bewältigung der sozialen Ungerechtigkeit auf nationaler und globaler Ebene.

Bekenntnisse und Themen in Phase V des Gesunde-Städte-Netzwerks der Europäischen Region der WHO

8. Wir bekennen uns dazu, durch stärkere politische Entschlossenheit und Solidarität Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in allen kommunalen Politikbereichen als übergreifendes Ziel von Phase V des Gesunden-Städte-Netzwerks der Europäischen Region der WHO (2009-2013) zu erstreben und vereinbaren die Ausrichtung unserer prioritären Schritte in Phase V darauf:

  • Gesundheit, gesundheitliche Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung zu zentralen Werten in unserer Vision für die Entwicklung unserer Städte zu machen und geeignete Verfahren zur Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen und zur Sicherung des Kapazitätsaufbaus einzuführen und so allen Sektoren einen maximalen Beitrag zu diesem Ziel zu ermöglichen;
  • ethische Führung durch Konzepte und Strategien zu fördern, die auf Werten gründen und durch starke Verfahren für Transparenz und Rechenschaft unterstützt werden;
  • unsere staatsbürgerliche Führungsrolle für das Zusammenbringen strategischer Partner und Akteure und deren besseren Austausch untereinander zu nutzen und organisatorische Ressourcen zusammen für bessere Lebensbedingungen und die Verbesserung sozialer, ökonomischer und umweltbezogener Umstände zu einzusetzen, die sich negativ auf das physische und psychische Wohlbefinden auswirken;
  • durch das eigene Beispiel zu führen und für Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in allen lokalen Politikfeldern sowie für Aktionspläne von staatlicher, unternehmerischer und ehrenamtlicher Seite einzutreten und diese aktiv zu fördern und
  • integrierte und systematische Ansätze mit konkreten Zielen und messbaren Ergebnissen, wo angemessen, zur Weiterentwicklung der Gesundheit und ihrer Einrichtungen zu fördern und dadurch eine interdisziplinäre und sektorübergreifende Arbeitsweise zu unterstützen.

9. Wir bekennen uns zur Konzentration unserer Bemühungen auf die Kernthemen aus Phase V des Gesunde-Städte-Netzwerks der Europäischen Region, die auch von der WHO und kooperierenden Einrichtungen unterstützt werden (>>> Kernthmemen), sowie zum Erfahrungsaustausch zum Nutzen aller Städte in der Region und darüber hinaus.

Partnerschaft

10. Städte können nicht auf sich allein gestellt handeln. In der Europäischen Region kommt den nationalen und regionalen Regierungen eine Schlüsselrolle zu. Sie beeinflussen Tempo und Nachhaltigkeit von Modernisierung, vielfältiger wirtschaftlicher Entwicklung und Gestaltung der städtischen Entwicklung. Sie stellen auch den steuerlichen und rechtlichen Rahmen für die Gesundheit und ihre Determinanten her. Daher bitten wir: -die nationalen und regionalen Regierungen in der Europäischen Region:

  • Die Bedeutung der kommunalen Dimension der nationalen Gesundheitspolitik zu sehen und anzuerkennen, dass Städte signifikant zur Entwicklung und zum Erreichen der nationalen Strategien für Gesundheit, gesundheitliche Chancengleichheit und nachhaltige Entwicklung beitragen können;
  • in ihren nationalen Gesundheitsstrategien die Erfahrungen und Einsichten der Städte für die Analyse lokaler Gesundheitsbedingungen und entsprechender Maßnahmen unter Verwendung sektorübergreifender und partizipatorischer Ansätze zu nutzen;
  • zu untersuchen, wie zusätzliche Mittel und rechtliche Instrumente, wo angemessen, zur Unterstützung von Konzepten für gesundheitliche Chancengleichheit und nachhaltige Entwicklung verfügbar gemacht werden können;
  • nationale Gesunde-Städte-Netzwerke in der Europäischen Region bei ihren Koordinierungsaufgaben und beim Kapazitätsaufbau zu unterstützen und
  • die Aufnahme von Vertretern kommunaler Selbstverwaltungen in die Delegationen der Mitgliedstaaten zu Tagungen der leitenden Organe der WHO und anderer einschlägiger internationaler Foren zu fördern.

- das WHO-Regionalbüro für Europa:

  • die strategische Führung und fachliche Unterstützung von Maßnahmen zur Erreichung der Ziele aus Phase V (2009-2013) des Gesunde-Städte-Netzwerks anzubieten;
  • Kapazitätsaufbau und Vernetzung der gesunden Städte in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO zu fördern, zu ermöglichen und zu koordinieren, insbesondere in solchen, die bislang noch nicht an der Gesunde-Städte-Bewegung beteiligt waren;
  • die Entwicklung von kommunalen Aktionselementen zu fördern und zu unterstützen und die Rolle der kommunalen Verwaltungen für alle relevanten strategischen Ziele und fachlichen Bereiche der WHO anzuerkennen;
  • eine weitere Beteiligung anderer Berufsgruppen und Disziplinen an der Agenda der Gesunden Städte zu fördern und damit ihren entscheidenden Beitrag zu Gesundheit und Wohlbefinden anzuerkennen.

DWir Bürgermeister und leitenden Kommunalpolitiker aus Städten der Europäischen Region auf der Internationalen Gesunde-Städte-Konferenz in Zagreb am 18. Oktober 2008 sind davon überzeugt, dass unsere Umsetzung der Verpflichtungen zu Werten, Grundsätzen und Maßnahmen, wie sie in dieser Zagreber Erklärung der Gesunden Städte skizziert sind, einen Wandel herbeiführen wird, der die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Bürger wesentlich verbessern und die soziale Ungerechtigkeit signifikant abbauen wird, die so viele Leben fordert und für so viel menschliches Elend in der Europäischen Region und darüber hinaus verantwortlich ist.

Quelle: WHO Webseite

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Neuer Kurs zur Kommunalen Gesundheitsförderung startet am 16./17. Januar 2015